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Wenn die Personenwahl zur Vorzugsstimme wird #bpw16

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Eine Analyse zur Bundespräsidentenwahl 2016.

Ein Blick in die Medienlandschaft der letzten Tage zeigt, dass die Anzahl der potentiellen möglichen Kandidatinnen und Kandidaten regelrecht explodiert ist. In nur wenigen Tagen ist die Kandidatenliste von 18 auf 30 Namen explodiert. Das bietet genügend Raum zur Spekulation: So wurden mit Waltraud Klasnic oder Ursula Haubner zwei längst in Vergessenheit geratene politische Persönlichkeiten für die berühmten fünf Minuten zurück auf die politische Medienbühne gebracht.

Auffällig bei dieser Wahl ist die bereits sehr früh einsetzende mediale Berichterstattung: Medien berichten und die Leser scheint das Thema zu interessieren. Das ist ein positives Zeichen, ich finde das gut, denn bei der letzten Bundespräsidentenwahl 2010 war das Medieninteresse um einiges geringer. Spannend wird allerdings, ob die hohe Erwartungshaltung der Wählerinnen und Wähler gegenüber den stets aufpoppenden Namen gehalten werden kann. Denn, wie bei der Pröll-Inszenierung, der letzlich doch nicht kandidieren wollte, scheint es – zumindestens für einen kurzen Zeitraum – der Partei zu schaden, wenn das Namedropping nicht rechtzeitig gesteuert und auf Transparenz und Kommunikation vergessen wird. Oder aber man sieht es wie Reinhold Mitterlehner, der sich über die Medienpräsenz freut: „Es hat zu vielen Zeitungsartikeln und -berichten geführt. Ist auch schön!„.

Mittlerweile haben von dieser „Kandidatenliste“ sechs Persönlichkeiten ihren Kandidaturwunsch bekannt gegeben: Neben den drei eher unbekannteren parteilosen Persönlichkeiten Martin Wabl, Adrien Luxemburg und El Awadalla treten mit Irmgard Griss, Alexander Van der Bellen und Andreas Khol eine Newcomerin und zwei bekannte Namen als KandidatInnen auf.

Irmgard Griss ist neu im politischen Feld und als Juristin mit Sicherheit hervorragend für das „Amt“ des Bundespräsidenten geeignet. Mit Alexander Van der Bellen und Andreas Khol sind nun zwei langjährige, parteitreue Politiker ins Rennen gestartet. Beide kennen die Raffinessen des politischen Parketts vermutlich in- und auswendig. Beide ergänzen das „Amt“ des Bundespräsidenten mit ihren klar definierten parteipolitischen Positionen. Ebenso sind beide Kandidaten scheinbar fitter, was tagespolitische Themen betrifft – gestärkt durch Partei und einer breite Basis im Rücken. Gleiches gilt übrigens auch für einen Kandidaten, der aus den Reihen der SPÖ und FPÖ nominiert wird.

Irmgard Griss genießt unter den KandidatInnen eine Sonderposition: Parteipolitisch liberal unabhängig und ein – auf den ersten Blick – losgelöster Zugang zu Themen mit noch nicht bekannten Positionierungen. Die Unterschiede zwischen Alexander Van der Bellen und Andreas Khol sind allerdings klar, wenn gleich auch parteipolitisch definiert: Man erinnere sich auf die Reaktionen zu Fragen der aktuellen Flüchtlingsthematik, der Willkommenskultur, zu Köln oder ob man einen blauen Kanzler angeloben würde.

Was die Blauen betrifft: Die FPÖ wird ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin erst in den kommenden Wochen bekanntgeben. Aus parteipolitischer Sicht wäre es strategisch fast fahrlässig, im Rennen um den Bundespräsidenten keinen eigenen Kandidaten zu nominieren. Es stellt sich vermutlich nicht die Frage, ob die FPÖ, die seit Beginn 2014 in 95 von 125 Wahlumfragen für Österreich voranliegt (19 mal SPÖ, 11 mal ÖVP) und seit Mitte Mai 2015 fast ununterbrochen an vorderster Stelle liegt, auf die Positionierung ihrer Themen als aktiver Mitspieler im Wahlkampf verzichtet. Die breite mediale Bühne ist zu verlockend, die Aufmerksamkeit bei Wählerinnen und Wähler zu groß, um hier das thematische Spielfeld alleinig der – am naheliegensten – ÖVP zu überlassen. Die Frage stellt sich allerdings, in welcher Form sich die FPÖ beteiligen wird: Als smarter Mitspieler – Seite-an-Seite mit der ÖVP – in Form von Norbert Hofer oder Josef Moser um einen möglichen gemeinsamen ÖVP-FPÖ-Weg zu ebnen oder mit einem eigenständigen Kandidaten als Gegenspieler zur ÖVP – und den anderen -, um sich bei Europapolitik, der Flüchtlingsthematik und Regierungskritik die Vormachtsstellung bei (rechter) Positionierung zu sichern.

Worum es sich allerdings im kommenden Wahlkampf nicht drehen wird, ist das eigentliche „Amt“ des Bundespräsidenten. Denn parteipolitische und tagespolitische Themen werden im Vordergrund stehen, wie wir es von Landtags- oder Nationalratswahlkämpfen kennen. Und dabei wird es keine Rolle spielen, ob der oder die Bundespräsidentin überhaupt die Macht oder Befugnis hat, diese Probleme zu lösen.

 

 


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